Programm
24. April, 11.15 Uhr
Happy Birthday Hubble – 20 Jahre Weltraumteleskop
Prof. Dr. Klaus Beuermann, Prof. Dr. Stefan Dreizler, Dr. Jacob Bean, Dr. Derek Homeier
In Zusammenarbeit mit dem Förderkreis Planetarium Göttingen
Vor 20 Jahren am 24. April 1990 startete das Space Shuttle Discovery mit dem Hubble-Weltraumteleskop (HST) in seine
Erdumlaufbahn. Nach langen Verzögerungen und anfänglichen technischen Schwierigkeiten, die fast das Scheitern der Mission zu bedeuten schienen, ist das HST heute der aufwendigste und erfolgreichste astronomische Forschungssatellit, der je gebaut wurde. Einer breiten Öffentlichkeit ist das HST durch spektakuläre Aufnahmen astronomischer Phänomene bekannt geworden, die das Teleskop zum sicherlich populärsten astrophysikalischen, wenn nicht naturwissenschaftlichen Großforschungsgerät schlechthin gemacht haben. Weniger bekannt ist, dass dieses Gemeinschafts projekt der NASA und ESA nicht allein durch Forscher der Betreiberorganisationen genutzt werden kann, sondern Astrophysikern aus aller Welt für ihre Arbeit offensteht. Allein die fachliche Exzellenz entscheidet über den Zugang zu den Instrumenten des HST, die die Erforschung eines weitgefächerten Spektrums an Himmelskörpern, von Monden und Planeten unseres Sonnensystems bis zu den entferntesten Galaxien und Quasaren erlauben.
Wissenschaftler des Instituts für Astrophysik werden über ihre eigenen am HST durchgeführten Forschungen berichten, die einen Querschnitt dieses breiten Spektrums widerspiegeln. Was verrät die Analyse des ultravioletten Lichts der heißesten Sterne über ihren Aufbau und Ursprung? Wie kommen die noch energiereicheren Strahlungsausbrüche in manchen Doppelsternsystemen zustande?
Was sagt uns der schwache Schatten eines fernen Planeten vor einem Zwergstern, um ein vielfaches kleiner und kühler als unsere Sonne, über Größe und Zusammensetzung dieser fremden Welt? Anlässlich des Jubiläums wird die neueste großformatige
Himmelsaufnahme des HST präsentiert, die die Fähigkeiten seiner im vergangenen Jahr nochmals modernisierten Detektoren
eindrucksvoll demonstrieren soll.
8. Mai 2010, 11.15 Uhr
Warum ist die Welt nicht langweilig? Physik der Überraschungen
Prof. Dr. Reiner Kree
Unter den »großen« Fragen, die die Physik beantworten möchte, finden vor allem diejenigen ein reges, öffentliches Interesse, die auf gigantischen Abständen (Universum) oder auf winzigen Abständen (Elementarteilchen) formuliert sind, und die in der Regel mit großen (und teuren) Forschungsgeräten (Beschleuniger, Großteleskope) bearbeitet werden. Im Gegensatz dazu geht es in diesem Vortrag um nicht minder »große« Fragen, die aber eher subtil daherkommen. Im Mittelpunkt steht die Frage: »Wieso ist unsere Welt komplex? « oder »Verstehen wir das Auftreten von neuen, überraschenden Strukturen und Prozessen«? Um einzusehen, dass das eine »große« Frage ist, wollen wir uns klar machen, warum wichtige physikalische Gesetzmäßigkeiten zunächst einmal gegen das Auftreten von Überraschungen sprechen. Der Vortrag gibt dann Einblicke in physikalische Forschungen aus dem Bereich der statistischen und nicht -linearen Physik, die Erklärungen danach suchen, woher komplexe, überraschende Dinge kommen und warum sie auftreten, obwohl das »Gesetz vom Anwachsen der Entropie« so klingt, als müsse unsere Welt einen strukturlosen Wärmetod sterben. Warum ist sie trotzdem voller spiralförmiger Galaxien, geordneter Strömungsmuster in Kaffeetassen, überraschender Wetteränderungen, Lawinen, mäandernder Flüsse, ästhetischer Schneekristalle und warum voller Leben? Schließlich wenden wir uns noch der Frage zu, wie weit unsere Möglichkeiten reichen, Überraschungenvorauszusagen uns dabei Grenzen gesetzt sind.
29. Mai 2010, 11.15 Uhr
Wie symmetrisch ist die Welt?
Materie, Antimaterie und der kleine Unterschied
Prof. Dr. Ariane Frey
Symmetrien wie die Spiegelsymmetrie sind in der Natur allgegenwärtig. Auch die Welt der kleinsten Teilchen wird von ihnen beherrscht, so zum Beispiel der Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie. Materie ist uns allen vertraut: Wir bestehen aus ihr, sie umgibt uns, wir nutzen sie. Antimaterie kommt in unserer Welt gewöhnlich nicht vor, da sich Materie und Antimaterie bei der Berührung gegenseitig vernichten. Da beim Urknall Materie und Antimaterie in gleicher Menge entstanden, aber klarerweise heute ein Materie-Überschuss besteht, muss sich Materie ein kleines bisschen anders verhalten als Antimaterie. Woher kommt dieses Ungleichgewicht? In Beschleunigerexperimenten in Kalifornien, Japan und am neuen LHC-Beschleuniger in Genf wird diese Fragestellung mittels beauty-Hadronen untersucht – dies sind Teilchen, die das zweitschwerste Quark, das beauty- oder bottom-Quark, enthalten. Wir unternehmen eine Reise in die Welt der Elementarteilchen, wo eine klitzekleine Verletzung der Symmetrie von Materie und Antimaterie unser Dasein erst ermöglicht.
26. Juni 2010, 11.15 Uhr
Nanomaterialien für erneuerbare Energien – neue Forschungsrichtungen und Visionen
Prof. Dr. Christian Jooß
Die Umstellung der Energiebasis von fossilen auf erneuerbare Energien stellt eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen der nächsten Jahre dar. Neben der breiten Einführung bewährter Technologien der erneuerbaren Energienutzung ist es notwendigauch völlig neue Ansätzezu entwickeln. Die Energieversorgungbiologischer Systemebasiert beispielsweise bei der Photosynthese auf kooperativen molekularen Prozessen, die noch weitgehend unverstanden sind. Mit einem künstlichen Photoreaktionszentrum basierend auf Manganaten versuchen wir beispielsweise die natürlichen Prozesse nachzuahmen und Katalysatoren für die Wasserspaltung mittels Sonnenlicht zu verstehen. Ein weiteres Beispiel unserer aktuellen Forschung ist die Entwicklung nanostrukturierter Materialien für die direkte Umwandlung von Abwärme inelektrische Energie. Dies erfordert grundlegende Untersuchungen der kooperativen Mechanismen der Energiewandlung in nanoskaligen Materialien: Lassen sich durch kooperatives Verhalten Verluste minimieren und höhere Wirkungsgrade erzielen?
Perowski-Oxide sind eine relativ neue Materialklasse mit faszinierenden Eigenschaften, wie Hochtemperatursupraleitung oder kolossalen Widerstandseffekten. Diese Eigenschaften basieren auf kooperativen mikroskopischen Prozessen und besitzen daher ein großes Potenzial für neue Ansätze der Steuerung von Energiewandlung auf der atomaren und der Nanoskala. Die Arbeitsgruppe setzt eine ganze Bandbreite von hochauflösenden Methoden ein, um fundamentale Mechanismen der Energiewandlung in solchen Materialien zu verstehen und ihr Potenzial für erneuerbare Energien zu erschließen.