Hinweise zur Gestaltung des gesetzlich verankerten Nachteilsausgleichs bei Studien- und Prüfungsleistungen
An der Fakultät für Physik sind uns Chancengleichheit und faire Bedingungen im Studium sehr wichtig. Daher sind wir stets bestrebt, eine inklusive und unterstützende Lernumgebung zu schaffen, in der jede*r Studierende ihr*sein volles Potenzial entfalten kann.
Ein Nachteilsausgleich kann dir dabei helfen, individuelle Herausforderungen zu bewältigen und dein Studium erfolgreich zu absolvieren. Er ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Mittel, um sicherzustellen, dass du gleiche Chancen hast, wie alle anderen Studierenden. Deine individuellen Bedürfnisse stehen bei uns im Mittelpunkt, und wir arbeiten eng mit dir zusammen, um die bestmögliche Lösung zu finden.
Auf dieser Seite möchten wir daher über die Möglichkeit von Nachteilsausgleichen informieren.
Was genau ist ein Nachteilsausgleich?
Trifft das auf dich zu, scheue dich bitte nicht, die Möglichkeiten des Nachteilsausgleiches wahrzunehmen oder dir Unterstützung zu holen.
Voraussetzung ist, dass dir ein konkreter Nachteil entstehen würde, wenn du die Studien- und Prüfungsleistungen unter den vorgesehenen Bedingungen oder innerhalb der vorgesehenen Fristen absolvieren müsstest. Außerdem darf zwischen dem konkreten Nachteil und den durch die Leistung nachzuweisenden Kompetenzen kein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang bestehen.
Psychische Erkrankungen
Studierende mit einer psychischen Belastung zählen häufig zu den chronisch Kranken, bei manchen Menschen gilt auch noch das Kriterium einer seelischen Behinderung.
Psychisch erkrankte Studierende leiden zum Beispiel an Depression, Essstörungen oder Angsterkrankungen. Auf den ersten Blick sieht man den Betroffenen ihre Beeinträchtigung nicht an. Anders als bei sichtbaren, körperlichen Behinderungen müssen diese Studierenden die Auswirkungen ihrer Erkrankung auf den Studienalltag immer wieder erklären. Nicht zu unterschätzen ist auch die Angst der Betroffenen, durch die Offenlegung ihrer Beeinträchtigungen Nachteile zu erleiden oder stigmatisiert zu werden.
In der Akutphase der Erkrankung sind die Betroffenen häufig nicht mehr in der Lage den universitären Alltag zu bewältigen. Prüfungen können nicht mehr abgelegt werden und meist steht zunächst die Behandlung im Vordergrund. Aber auch in stabilen Phasen kann beispielsweise eine eingeschränkte Belastbarkeit Folgen für Prüfungsleistungen haben. Auch kann die Einnahme von Medikamenten Nebenwirkungen haben und führt teilweise zu einer erhöhten Ermüdbarkeit und Konzentrationsschwierigkeiten. Zusammengenommen können diese Belastungen das Studium entsprechend verzögern.
Prüfungsangst
Prüfungsängste sind bis zu einem gewissen Grad normal. In schweren Fällen treten die Ängste aber nicht nur während der Prüfung auf, sondern auch schon bei der Vorbereitung. Hintergrund können eine Angststörung oder andere psychische Erkrankungen sein. Prüfungsangst selbst ist keine Diagnose und berechtigt allein nicht zu einem Anspruch auf Nachteilsausgleich.
Chronische Krankheiten
Dabei geht es zum Beispiel um Atemwegserkrankungen (wie Asthma), Schmerzstörungen (z. B. Migräne), Erkrankungen der inneren Organe oder Stoffwechselstörungen (z. B. Diabetes mellitus). Auch hier sind individuelle Ausgleichsregelungen möglich.
Neurodiversität
Hierzu zählen bspw. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Autismus, Legasthenie oder Dyskalkulie.
ADHS und Autismus sind Störungen der neuronalen Entwicklung. Studierende mit ADHS haben Aufmerksamkeitsschwierigkeiten, sind impulsiv und können zusätzlich unter starker Unruhe leiden. Autismus führt typischerweise zu Problemen im sozialen Umgang und Austausch mit anderen sowie Auffälligkeiten im Kommunikationsverhalten.
Unter Legasthenie versteht man eine massive und lang andauernde Störung des Erwerbs der Schriftsprache. Die Betroffenen haben Probleme mit der Umsetzung der gesprochenen zur geschriebenen Sprache und umgekehrt. Die Dyskalkulie ist ähnlich wie die Legasthenie eine Funktionsstörung des Lernens. Es kommt zu Schwierigkeiten bei Rechenoperationen und Einschränkungen der mathematischen Fähigkeiten.
Körperliche Behinderung
Hierzu zählen zum Beispiel Sinnesbeeinträchtigungen (Sehen, Hören, Sprechen ...) oder auch Mobilitäts- und Bewegungseinschränkungen (bei neurologischen Erkrankungen oder nach Unfällen). In den meisten Fällen sind individuelle Regelungen anzustreben, die die Art und das Ausmaß der Behinderung berücksichtigen.
Andere länger andauernde Beeinträchtigungen oder schwere Erkrankungen
Hierzu zählen bspw. Krebserkrankungen.
Zeitverlängerung
Der Klassiker: Oft lässt sich ein Nachteil durch eine Fristverlängerung für die Abgabe schriftlicher Arbeiten oder Veränderung der Prüfungsdauer sowohl bei schriftlichen als auch bei mündlichen Prüfungen ausgleichen. Eine Zeitverlängerung bezieht auch erforderliche zusätzliche Pausen ein. Dabei gibt es die Möglichkeit nicht nur für unmittelbar schreibbehinderten Studierenden. Sie trifft auch bei erschwertem Zugang zur Studienliteratur, bei Problemen der Informationsaufnahme (Hörgeschädigte) und bei reduzierter Belastbarkeit zu.
Änderung der Prüfungsform
Bei entsprechender Begründung und unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist es möglich, mündliche in schriftliche Prüfungen (oder umgekehrt), Hausarbeiten in Referate (oder umgekehrt) und Gruppen- in Einzelprüfungen umzuwandeln.
Die Änderung der Prüfungsform kann aus unterschiedlichen beeinträchtigungsbedingten Gründen erforderlich werden. So könnte eine schriftliche statt mündliche Prüfung bspw. für sprechbeeinträchtigte Studierende in Frage kommen, die Umwandlung eines Referats in eine Hausarbeit, beispielsweise für Studierende mit diagnostizierter Angststörung oder Autismus.
Dagegen können Klausuren nur ausnahmsweise durch Hausarbeiten oder umgekehrt ersetzt werden, da beide Prüfungsformen i.d.R. verschiedene Kompetenzen abprüfen. Im Einzelfall kann aber verabredet werden, dass schriftliche Arbeiten durch ein Abgabegespräch oder mündliche Prüfungen durch schriftliche Prüfungsteile ergänzt werden.
Manchmal kann es für Studierende hilfreich sein, wenn eine Vertrauensperson bei einer mündlichen Prüfung anwesend ist. In besonderen Ausnahmefällen ist es möglich, einzelne Teilleistungen, die aufgrund der Beeinträchtigung nicht erbracht werden können (z.B. grafische Darstellungen bei blinden Studierenden), durch andere gleichwertige Leistungen zu ersetzen.
Zulassung von Hilfen
Ein möglicher Nachteilsausgleich kann auch in der Nutzung von personellen oder technischen Hilfen bestehen, wie Gebärdendolmetscher*innen, Computernutzung oder ein separater Raum bei Prüfungen. So haben wir bspw. für die BBP und die Lernräume höhenverstellbare Tische angeschafft. Darüber hinaus stehen Gelder bereit, um bspw. die Technik in den Hörsälen für Hörgeschädigte anzupassen. Bei Bedarf melde dich gern beim Studiendekanat.
Abänderung von Praktikumsbestimmungen
Auch eine Aufteilung von Praktikumsleistungen in Einzelabschnitte ist denkbar, wenn der Behinderung/chronischer Krankheit und der Fachspezifika entsprochen wird.
Befreiung von der regelmäßigen Anwesenheitspflicht in Lehrveranstaltungen
In begründeten Fällen ist die Befreiung mit Ausgleich der Anwesenheit durch Erbringen einer kompensatorischen Leistung möglich.
Barrierefreier Zugang zu Räumlichkeiten
Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Einrichtungen barrierefrei sind, um allen Studierenden gleichermaßen Zugang zu ermöglichen. Solltest du spezifische Anforderungen haben, um Räume oder Einrichtungen zu nutzen, stehen wir dir gerne zur Seite, um individuelle Lösungen zu finden.
Wichtig: Der gewählte Nachteilsausgleich soll festgestellte Nachteile möglichst vollständig ausgleichen, darf sie aber nicht überkompensieren.
- Angaben zur Beeinträchtigung, nicht aber zwingend die Nennung der Diagnose
- Beschreibung, welche Auswirkungen der gesundheitlichen Situation im Hinblick auf die Studien- bzw. Prüfungssituation vorliegen
- Formulierung eines Ausgleichsvorschlags
- Fachärztliche Bescheinigung bzw. Stellungnahme von approbierten psychologischen Psychotherapeut*innen (im Original!) zur Bestätigung der Auswirkungen Der Antrag und die Nachweise über die Auswirkungen der Beeinträchtigung müssen die Prüfungskommission in die Lage versetzen, eine Entscheidung zu treffen, ob die Voraussetzungen eines Nachteilsausgleichs erfüllt werden und welche Maßnahmen angemessen sind. Entsprechend sollten die Unterlagen so formuliert sein, dass der Zusammenhang zwischen den Auswirkungen der Beeinträchtigung und den entstehenden Nachteilen auch ohne medizinische Vorkenntnisse nachvollziehbar ist.
Wichtig: Die Antragstellung muss so rechtzeitig vor Antritt der Studien- oder Prüfungsleistung erfolgen, dass die Bearbeitung des Antrags als auch die organisatorische Umsetzung des Nachteilsausgleich gewährleistet werden kann. Ein zeitlicher Vorlauf von vier Wochen sollte nicht unterschritten werden. Wenn allerdings prüfungsrelevante Einschränkungen kurzfristig und unvorhergesehen vor einer Prüfung bzw. während einer Abschlussarbeit auftreten, können Nachteilausgleiche – sofern organisatorisch möglich – auch kurzfristig bewilligt werden.
Die Prüfungskommission entscheidet zeitnah über den Antrag und versendet einen schriftlichen Bescheid.
Nach Gewährung des Nachteilsausgleichs sollten die konkreten Maßnahmen frühzeitig mit den beteiligten Lehrkräften besprochen werden.
Nachteilsausgleiche für Studierende, bei denen sich die Beeinträchtigungen positiv entwickeln (können), werden hingegen für kürzere Zeiträume bewilligt – entsprechend der Zeiten, für die durch medizinisches Fachpersonal die Auswirkungen bestätigt werden.
- Fachärztliche Atteste mit Angaben zu Auswirkungen der Beeinträchtigung im Prüfungsgeschehen und Empfehlung zu Prüfungsmodifikationen
- Stellungnahme einer approbierten Psychologischen Psychotherapeutin oder eines -therapeuten mit Angaben zu Auswirkungen der Beeinträchtigung im Prüfungsgeschehen und Empfehlung zu Prüfungsmodifikationen
- Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes oder Schwerbehindertenausweis
- Stellungnahmen von Reha-Trägern oder Bewilligungsbescheide von Trägern der Eingliederungshilfe
- Stellungnahme des Behindertenbeauftragten der Universität Göttingen
- Psychosoziale Beratung (PSB) der Universität Göttingen
- Psychotherapeutische Ambulanz für Studierende der Universität Göttingen
- das Kind krank wird
- der Gesundheitszustand naher Angehöriger sich verändert, so dass Unterstützung organisiert, ausgebaut oder Pflege geleistet werden muss
- körperliche Belastungen im Zuge oder in Folge einer Schwangerschaft auftreten
- die Betreuung ausfällt
- Lehrveranstaltungen und / oder Prüfungen außerhalb der Regelbetreuungszeit oder in den Kita-Schließzeiten bzw. Schulferien oder in der Zeit des Mutterschutzes liegen
- Vollzeit-Praktika über die Betreuungszeiten von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen hinausgehen
- mehrtägige / -wöchige Exkursionen oder Auslandsaufenthalte vorgesehen sind
- (Labor-) Praktika in die Zeit des Mutterschutzes fallen (Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit)
Die Beantragung erfolgt ebenfalls formlos beim Math.-Nat. Prüfungsamt und bedarf folgender Angaben:
- Eine kurze Darstellung der Vereinbarkeitsherausforderungen und deren Auswirkungen auf Studien- und Prüfungsleistungen,
- eine Aussage dazu, welche Modifikation der Studien- oder Prüfungsleistung aus Sicht der antragstellenden Person erforderlich wäre, um die Auswirkungen zu kompensieren sowie
- einen passenden Nachweis (bspw. eine ärztliche Bescheinigung, z. B. über den Mutterschutz, eine Geburts-urkunde oder ein Bescheid der Pflegekasse).