Lehre
Im Wintersemester 2025/26 bietet Florian Meinel folgende Lehrveranstaltungen an:
Seminar: Gaza, die deutsche „Staatsräson“ und das Recht (Dienstag, 18-20 Uhr, Seminarraum Nikolausberger Weg 17)
What did you do during the genocide in Gaza?, fragte der britische Guardian im Mai 2025 seine Leser·innen. Wie kein anderer Konflikt weltweit, ist der Gazakrieg in globale Konfliktdynamiken um Recht und Rechte, koloniale Dominanz und gruppenbezogene Rechtlosigkeit verstrickt. Was tut das deutsche Recht während dieses Konflikts? Was hat er mit unserer Rechtsordnung, ihren politischen, historischen und sozialen Grundlagen zu tun? Was ist Palästina als völkerrechtliches Gebilde, was hat das mit der Struktur des Völkerrechts nach 1945 zu tun? Und was bedeutet im Zusammenhang damit die deutsche „Staatsräson“? Wie wird diese „Staatsräson“ rechtlich manifest (Waffenlieferungen, Einbürgerungsrechts, Finanzierungen)? Wie geht das deutsche Recht mit propalästinensischem Protest um, in der Zivilgesellschaft, an Hochschulen oder bei Versammlungen? Und warum ist die Frage der Definition von Antisemitismus im Zusammenhang damit so zentral? Diesen und anderen Fragen wollen wir durch Lektüre zentraler Texte und ihre kritische Diskussion nachgehen. Das Seminar soll nicht dazu dienen, die bestehenden politischen Konfliktlinien zu reproduzieren, sondern ihre Genese, ihre Folgen und ihre praktischen und theoretischen Implikationen besser zu verstehen. Alle interessierte Teilnehmer·innen sind herzlich willkommen.
Einführung in die Politische Theorie (Allgemeine Staatslehre) (Dienstag, 16-18 Uhr, ZHG010)
Die Vorlesung führt ein in das, was angehende Jurist·innen über das Politische des Rechts wissen müssen, um sich mit dem geltenden Recht reflektiert und kritisch auseinanderzusetzen: Woher kommt die Wahlverwandtschaft zwischen dem Staat, dem Recht und den Rechten? Wie bestimmt Recht die Form und den Ausgang politischer Konflikte? Wie prägen unterschiedliche staatliche Strukturen die Eigenarten der Rechtsordnung? Und wie hängen politische und ökonomische Ordnung zusammen? Die Vorlesung unternimmt eine „tour d’horizon“ durch die politische Theorie des Staates und lädt ein zum Nachdenken ein über das Medium, in dem politische Konflikte in freien Gesellschaften ausgetragen werden: das Recht.
Gliederung
Einführung in die Rechts- und Sozialphilosophie (Dienstag, 10-12 Uhr, ZHG101)
Die Vorlesung bietet einen Überblick über zentrale Fragestellungen und Denkansätze der Rechts- und Sozialphilosophie. Ausgangspunkt ist die Einsicht, dass Recht nicht nur ein System von Normen, sondern eine Grundform sozialer Ordnung ist. Behandelt werden klassische Theorien des neuzeitlichen Liberalismus ebenso wie moderne Begründungen von Recht und kritische Perspektiven auf Recht als Herrschaftsform. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf aktuellen Strömungen wie feministischer und postkolonialer Rechtsphilosophie sowie Debatten zu Krieg, Ökologie und Gerechtigkeit. Die Vorlesung setzt keine Vorkenntnisse voraus und richtet sich an Studierende, die lernen wollen, juristische Selbstverständlichkeiten philosophisch zu befragen und das Verhältnis von Recht, Gesellschaft und Macht kritisch zu reflektieren.
Gliederung
Parallel zur Vorlesung bietet Tristan Wißgott ein Begleitkolleg an (Donnerstag 14-14 Uhr, Seminarraum Nikolausberger Weg 17).
Rechtsphilosophie der GEGENWART (Kolloquium zur Rechts- und Sozialphilosophie, Mittwoch, 16-18 Uhr)
Die Rechtsphilosophie steht heute unter dem Eindruck einer doppelten Krise: Weder die rechtsphilosophischen Begründungstheorien der Nachkriegsdemokratien des Westens noch die klassischen liberalen Begründungsfiguren des Rechts der Moderne tragen noch verlässlich. Ob das liberale Paradigma des Rechts noch eine Zukunft hat, ist unsicher. Damit rückt die GEGENWART ins Zentrum: Rechtsphilosophie als Analyse der aktuellen Situation des Rechts, seiner Rationalität und seiner Krisen. Im Colloquium lesen und diskutieren wir aktuelle Texte, die das Recht in seinen gegenwärtigen Bedingungen kritisieren, die die Frage der abgeleiteten oder unabgeleiteten Gegenwart des Rechts ernst nehmen und neu befragen – von der Kritik der subjektiven Rechte über epistemische Ungerechtigkeit bis zu globaler Ungleichheit. Die Auswahl umfasst philosophische, sozialwissenschaftliche und theoretisch-politische Beiträge, die nicht auf eine Wiederholung klassischer liberaler Positionen hinauslaufen, sondern das Recht heute problematisieren: seine Form, seine Macht, seine Legitimität. Was taugt die Rechtsphilosophie als kritische Gegenwartsdiagnose?