Waldbau


Bereits die Römer betrieben einen planmäßigen Anbau der Edelkastanien. Nach Horvat et al. (1974) wurden zum einen Haine aus gepfropften (veredelten) Fruchtbäumen, sogenannte Selven, angelegt. Auch heute noch sind Kastanienselven in der südalpinen Region ein häufiges Landschaftselement. Die parkartigen Wiesenwälder werden zur Fruchternte, Holzerzeugung, Heuproduktion und als Weide genutzt (Mayer 1984). Abbildung 21 zeigt eine Kastanienselve in der Schweiz.


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Abbildung 21: Kastanienselve "Selva Castanile di Pönt" in Osogna TI (Schweiz)
(Foto: Archivbild FLS, Fonds Landschaft Schweiz FLS)



Zum anderen legten die Römer Niederwälder mit Edelkastanien an, die als Palinen bezeichnet werden. Aus diesen Bäumen wurden Pfähle für die Weinbauern hergestellt (Horvat et al. 1974). Nach Stinglwagner et al. (2005) ist ein Niederwald ein Wirtschaftswald, dessen Bäume nach kurzer Umtriebszeit (Produktionsdauer) dicht über dem Boden abgehauen werden. Der Niederwald erneuert sich durch Stockausschlag und besitzt ein buschartiges Erscheinungsbild (Schütt et al. 2014). In Abbildung 22 ist ein alter Niederwald zu erkennen.


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Abbildung 22: Alter Kastanienniederwald (Foto: E. Segatz / FAWF Rheinland-Pfalz)


Unter Stockausschlag wird die Fähigkeit verstanden, aus Stöcken (Baumstümpfen) neue Sprosse bilden zu können (Lohmann 2015). In Abbildung 22 ist ersichtlich, dass aus jedem Stock durch den Stockausschlag mehrere Stämme ausgetrieben sind. Edelkastanien besitzen ein sehr ausgeprägtes Stockausschlagsvermögen und eignen sich daher gut für den Niederwaldbetrieb (Grosser 1998). Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts war der Niederwald die Hauptbewirtschaftungsform für die Edelkastanie. Es wurden dabei neben Pfählen Gerbrinde und Brennholz gewonnen (Mettendorf 2007). Eine geeignete Umtriebszeit im Kastanienniederwald beträgt nach Stinglwagner et al. (2005) 15 bis 20 Jahre.

Seltener wird die Edelkastanie direkt für das Anlegen eines Hochwaldes verwendet, worunter ein hochstämmiger Wirtschaftswald verstanden wird (Bottacci 1998; Stinglwagner et al. 2005). Im südlichen Anbaugebiet der Edelkastanie dient der Kastanienhochwald der Holzerzeugung sowie der Fruchtproduktion und wird mehr wie eine landwirtschaftliche Kultur geführt (Bottacci 1998). Die Umtriebszeit im Kastanienhochwald beträgt 80 bis 100 Jahre (Mayer 1984).

Die derzeitige Klimaerwärmung fördert die Vitalität der wärmebedürftigen Baumart Castanea sativa. Dies könnte dazu führen, dass sich ein Anbau der Edelkastanie zukünftig über das heutige Anbaugebiet hinausgehend eignet (Mettendorf 2007). Auch im Hinblick auf das zukunftsweisende Thema erneuerbare Energie aus Biomasse kann die Edelkastanie an Bedeutung gewinnen. Die Edelkastanie besitzt durch den Holzzuwachs im kurzumtriebigen Niederwald eine ausgeprägte Produktivität bei der Biomasseerzeugung. Diese Biomasse kann zur Energiegewinnung anstelle von fossilen Brennstoffen eingesetzt werden (Lang 2007).