Thorsten Hertl hat an der Fakultät für Mathematik und Informatik den Bachelor of Science und den Master of Science in Mathematik erworben und anschließend im Bereich Geometrie und Topologie promoviert.
Bei welchem Unternehmen sind Sie beschäftigt und in welchem Bereich ist dieses Unternehmen tätig?
Zur Zeit bin ich an der Universität von Melbourne als wissenschaftlicher Mitarbeiter (Postdoc) für 2,5 Jahre angestellt. Der Vertrag läuft von Juli 2024 bis Dezember 2026.
Welche Aufgaben übernehmen Sie in Ihrer aktuellen Position?
Der Hauptteil meiner Aufgaben ist der Forschung gewidmet, welche hoffentlich in gut publizierbaren Artikeln resultiert. Dafür arbeite ich mit meinem jetzigen Mentor, Diarmuid Crowley, zusammen, aber ich habe auch andere Projekte mit Kollaboratoren aus Übersee. Neben der Forschung übernehme ich auch noch Aufgaben im Bereich der Lehre. Beispielsweise bin ich einer der Organisatoren des Topologieseminars an der Uni Melbourne und betreue eine Masterstudentin.
Wie ist Ihr Berufseinstieg verlaufen und wie hat Ihr Studium Sie auf die Praxis vorbereitet?
Da dies meine zweite Postdocstelle ist, lief der Berufseinstieg relativ glatt. Aber auch bei meiner ersten Postdocstelle gab es keine größeren Probleme, es fühlte sich eigentlich alles mehr oder weniger wie eine Fortführung der Promotion an. Insofern hat mich mein Studium an der Universität Göttingen sehr gut auf diesen Karriereweg vorbereitet.
Was hat Sie dazu bewogen, eine Promotion aufzunehmen und welche Erwartungen hatten Sie an diese Zeit?
Obwohl ich schon eine forschungsorientierte Masterarbeit geschrieben habe, hatte ich das Gefühl, dass ich erst durch eine Promotion wirklich einschätzen kann, ob mir mathematische Forschung Spaß macht, und ob ich dazu geeignet bin. Da mir mein Masterarbeitsbetreuer, Prof. Dr. Thomas Schick, eine Promotionsstelle angeboten hat, war die Entscheidung dann ziemlich leicht.
Zu welchem Thema haben Sie promoviert?
Der Titel meiner Doktorarbeit lautet 'Concordances in Positive Scalar Curvature and Index Theory'. Das Thema der Arbeit liegt in der Schnittstelle der Differentialgeometrie, der algebraischen Topologie, und mit ein bisschen Fantasie auch in der Analysis. Skalarkrümmung ist eine differentialgeometrische Größe, die beispielsweise in Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie zu finden ist, und erfreut sich zur Zeit großer Beliebtheit unter Forschern im Bereich der Differentialgeometrie und der geometrischen Analysis. Ziel meiner Promotionsarbeit war es unter anderem, Ideen aus der Differentialtopologie aus den 70'ern in die Welt der positiven Skalarkrümmungsmetriken zu überführen und den Unterschied zwischen Isotopie und Konkordanz so gut es geht zu untersuchen.
Was macht das Studium an dieser Fakultät Ihrer Meinung nach besonders empfehlenswert?
Die Architektur des mathematischen Instituts. Obwohl es gibt nur eine überschaubare Anzahl von Arbeitsräumen gibt, sind diese dafür sehr geräumig, weshalb Studenten verschiedener Jahrgänge gut durchmischt werden, was es jüngeren Jahrgängen erleichtert, sich bei Bedarf Hilfe oder Erfahrungen von weiter fortgeschrittenen Jahrgängen einzuholen. Die Atmosphäre des mathematischen Instituts ist dahingehend einzigartig.
Ich persönlich habe es genossen, im Hilbertraum zu sitzen, über meine Aufgabenzettel nachzudenken, aber nebenher auch Fragen von Studierenden aus anderen Jahrgängen zu beantworten (oder es zumindest zu versuchen). Ich habe davon selber auch sehr profitiert, denn ich konnte dadurch den Stoff aus schon bestandenen Vorlesungen wiederholen und mir somit ein solides Fundament an mathematischem Wissen aneignen.
In den anderen mathematischen Instituten, an denen ich in meiner Karriere für einen längeren Zeitraum war, gab es eine solche Atmosphäre nicht.
Eine weitere Besonderheit des Mathestudiums in Göttingen sind die ab den 5 Semester angebotenen Vorlesungszyklen, sprich eine Reihe über drei oder vier Semester aufeinander aufbauenden Folge von Vorlesungen in einem gewissen Teilgebiet der Mathematik, wie beispielsweise algebraische Topologie oder mathematische Statistik. Erfolgreiche Absolventen eines gesamten Zyklus sind dann in der Lage Forschungsliteratur in der jeweiligen Disziplin lesen zu können.
Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Studienzeit in Göttingen?
Zu viele, um hier alle aufzuzählen (und fast alle sind gut). Um exemplarisch drei zu nennen: Besonders gern erinnere ich mich, wie ich und ein guter Freund von mir sonntags im physikalischen Institut zusammen Zettel gerechnet und Kicker gespielt haben. Die Skatturniere und Doppelkopfturniere, die jedes Semester von der Fachschaft organisiert wurden, und die Vorlesungszyklen von Prof. Dr. Victor Pidstrygach und Prof. Dr. Thomas Schick.
Welche Ratschläge haben Sie für Studieninteressierte und Studienanfänger*innen?
Sofern möglich, nehmt das mathematische Propädeutikum war. Das erleichtert den Studieneinstieg ungemein.
Außerdem kann man in der Bibliothek des Matheinstituts verdammt gut arbeiten – definitiv einen Besuch wert.