Hallo 😊 Wie heißt du und in welchem Semester studierst du Skandinavistik?
Hei, ich bin Nia und studiere mittlerweile im 8. Semester Skandinavistik (davon zwei Semester hauptsächlich Altnordische Philologie).
In welcher Stadt bzw. an welcher Uni warst du und wie hat es dir dort gefallen?
Ich habe zwei Semester lang in Bergen studiert. Eigentlich war nur ein Semester geplant, aber schon nach einer Woche hat es mir so gut gefallen, dass ich unbedingt verlängern musste. Abgesehen von der traumhaften Landschaft (Berge, Fjorde und Wälder) hat die Stadt einfach einen ganz eigenen Charme. Dafür, dass es Norwegens zweitgrößte Stadt ist, fühlt es sich trotzdem nicht riesig an und man kommt prima überall hin. Überhaupt ist Bergen einfach eine wunderschöne Stadt!
Warum hast du dich für diese Uni/Stadt entschieden?
Es standen Bergen, Trondheim und Kristiansand zur Wahl. Letzteres war mir einfach zu südlich, ich wollte in die Berge. Bei Trondheim hatte ich mal gehört, dass es nicht immer einfach ist, einen Wohnheimplatz zu bekommen (ob das stimmt, habe ich nicht überprüft) und das Studienangebot der philosophischen Fakultät der Universität in Bergen hat mich wirklich angesprochen. Außerdem fand ich die Lage ziemlich praktisch, man kommt neben dem Fliegen auch sehr gut mit Fernbussen und Zügen zu den unterschiedlichsten Orten.
Welche Kurse/Vorlesungen/Seminare hast du denn so gewählt und wie gefielen sie dir?
Im ersten Semester habe ich eine Vorlesung über Norwegische Geschichte und Kultur besucht, dort waren sehr viele internationale Studierende, um einen Überblick zu bekommen. Einiges kannte ich schon aus dem Studium in Göttingen, aber es kam auch viel neues hinzu und wir haben spannende Exkursionen in lokale Museen unternommen. Dazu habe ich einen aufbauenden Norwegischkurs belegt, in welchem viel wiederholt und vertieft wurde, das hat mir nochmal sehr geholfen. Ansonsten habe ich mehrere Kurse der Altnordischen Philologie belegt, die mir wirklich sehr viel Spaß gemacht haben. Einen über Handschriftenkunde und Runologie, was wirklich unglaublich spannend war, dann einen über Altnordische Sagaliteratur im allgemeinen und ein Seminar über „nördliche“ Heldensagas (von Sigurd über Grettir bis hin zu Beowulf).
Wie sieht es mit deinen Sprachkenntnissen aus? Konntest du sie im Alltag anwenden, haben sie sich verbessert?
Anfangs hatte ich schon Schwierigkeiten, überhaupt all die unterschiedlichen Dialekte zu verstehen, da ich vorher nur den Oslodialekt gewohnt war. Auch wenn Bergensk eigentlich einfacher zu verstehen ist, waren in meinem Umfeld NorwegerInnen aus allen möglichen Landesteilen und so viele Internationals, sodass eine wilde Mischung aus ganz unterschiedlichem Norwegisch und auch sehr viel Englisch gesprochen wurde. Was mir neben dem Sprachkurs sehr geholfen hat war meine Tandempartnerin des Language-Buddy-Programms und ein Studentinnenchor, in dem fast ausschließlich Norwegerinnen waren, dort waren sowohl die Kommunikation als auch viele der Songs auf Norwegisch und Musik schafft einen tollen Zugang zur Sprache. Am Ende meines Aufenthalts in Norwegen habe ich auch noch einige Zeit mit der Familie meiner Tandempartnerin verbracht, mit der ich mich ausschließlich auf Norwegisch unterhalten habe, das war super. Die letzten drei Wochen habe ich auch noch ein Praktikum in einer Art Freilichtmuseum gemacht, bei dem ich zwar nicht mit den unzähligen internationalen TouristInnen, aber den Mitarbeitenden und Freiwilligen sprechen konnte. Da habe ich meinen Fortschritt dann deutlich spüren können.
Wie hast du deine Freizeit verbracht?
Wie schon erwähnt war ich zum Einen Mitglied im Chor Kalliope. Da gab es neben den wöchentlichen Proben auch viele andere Unternehmungen, seien es organisatorische Dinge, Karaokeabende oder Treffen mit den zahlreichen anderen Chören. Durch meine KommilitonInnen der Altnordischkurse bin ich auf die Reenactment & Combat-Fighting Gruppe „Kongshirden 1260“ gestoßen und hatte zwei Mal wöchentlich Training im historischen Schwertkampf (und anderen Waffen der Wikingerzeit und des Frühmittelalters). Auch dort hatten wir super viele coole Veranstaltungen wie Film- oder Handwerksabende, bei denen wir an historischer Kleidung oder Schutzausrüstung gearbeitet haben oder Trainingswochenenden (sei es auf dem Fløyen oder mit 150 Leuten in Halden) und Besuche auf Mittelaltermärkten. Ansonsten habe ich hin und wieder was mit meinen Mitbewohnis aus meiner WG unternommen (Kayak fahren, nach Spitzbergen fliegen, internationale Dinnerabende) und mich viel mit FreundInnen aus meinen Kursen getroffen und mit ihnen z.B. Spielabende veranstaltet und die Umgebung erkundet. Hin und wieder habe ich kleinere Trips unternommen und bin beispielsweise für ein paar Tage nach Oslo, Trondheim oder Tromsø gefahren.
Ich war auf vielen kulturellen Veranstaltungen (besonders häufig im Konzerthaus Grieghallen) und habe zahlreiche Museen besucht und war sehr viel wandern. Mit den Öffis konnte man wirklich wunderbar in die Umgebung fahren und einfach mal raus in die Berge und/oder ins Grüne.
Gibt es etwas in Bezug auf deine ERASMUS-Erfahrung, das dir nicht so gefallen hat/das du gerne geändert hättest?
Das einzige, was ich etwas bereue ist, dass ich nicht im Vorhinein zwei Semester eingeplant habe. Dadurch habe ich leider nur für 4 von den 12 Monaten meines Aufenthalts die Förderung erhalten, was wirklich ordentlich auf den Geldbeutel geschlagen hat. Es ist deutlich besser, lieber länger zu planen und dann zu kürzen als andersherum. Andererseits hätte ich dann höchstwahrscheinlich in der gesamten Zeit in einem Einzelapartment gewohnt und auch wenn zumindest ein eigenes Zimmer von Vorteil sein kann, hätte ich das WG Leben komplett verpasst. Im ersten Semester hatte ich eine 16er WG mit je acht Doppelzimmern und auch wenn das Zusammenleben mit meiner Zimmernachbarin wirklich herausfordernd war, da wir sehr unterschiedliche Gewohnheiten hatten, würde ich als eher extrovertierte Person trotzdem was verpasst haben. Im zweiten Semester hatte ich das Zimmer dann für mich alleine und in der WG haben dann nur noch 9 weitere Studis gelebt, das war eigentlich ideal.
Was würdest du Skandis, die sich überlegen, mit ERASMUS ins Ausland zu gehen, mitgeben (Geheimtipps, Hinweise zur Organisation, Life Hacks etc.)?
Uff, da gibt es echt einiges. Also erstens: lieber ein Jahr planen und notfalls verkürzen, siehe letzte Frage. Die Förderung macht echt einen riesigen Unterschied!!!
Zweitens: Wenn möglich, an dem Language-Buddy Programm teilnehmen, wenn es sowas gibt. Ich habe mich fantastisch mit meiner Tandempartnerin verstanden und sie ist mittlerweile eine super enge Freundin. Das muss natürlich nicht immer so sein, aber einen Versuch ist es wert. Vor allem, wenn man ansonsten eher Schwierigkeiten hat, auf Menschen zuzugehen und gerne Locals kennenlernen würde.
Drittens (geht in dieselbe Richtung): Nicht nur mit anderen internationalen Studis abhängen (seien es MitbewohnerInnen oder KommilitonInnen), sondern auch Vereinen beitreten und neue Hobbys ausprobieren. Es gibt zahlreiche Sportvereine oder z.B. Chöre/Orchester und noch viele andere Gruppen und es macht echt was aus, ganz unterschiedliche Kreise zu haben, mit denen man die unterschiedlichsten Dinge unternehmen kann.
Viertens: Reisen! Wenn man sich den Stundenplan nicht zu voll packt, hat man schon während des Semesters Zeit, gerade an den Wochenenden kleinere Trips zu unternehmen und dann spätestens in den Semesterpausen (vor Weihnachten, um Ostern rum oder dann im Sommer). Wenn man früh genug dran ist, sind die Züge (vor allem aber die Fernbusse von Skyss) recht gut bezahlbar, gerade wenn man wert auf Nachhaltigkeit legt. Manchmal sind die Flüge allerdings sowohl deutlich schneller als auch günstiger und gerade, wenn man noch weiter entfernte Orte sehen möchte, ist es etwas praktischer (man kann immerhin einen Emissions-Ausgleich bezahlen).
Orte in Norwegen: Eine besonders schöne Strecke ist mit dem Zug oder Bus zwischen Bergen und Oslo. Das dauert 7-9 Stunden und zu jeder Jahreszeit gibt es vieles zu sehen. Man muss auch nicht alles am Stück machen und kann sich überlegen, das in Teilstrecken aufzuteilen und an ein, zwei Orten dazwischen eine Übernachtung einzulegen und sich dort umzuschauen. Ansonsten sind die bereits erwähnten Städte alle echt toll (besonders Trondheim im Sommer und Longyearbyen in Spitzbergen oder Tromsø im Winter). In Gudvangen am Nærøyfjord in der Nähe von Flåm liegt das Wikingerdorf Njardarheimr, in dem ich mein Praktikum gemacht habe. Wer wunderschöne Berg- & Fjordlandschaften sehen will und sich für die Wikinger interessiert, sollte dort auf jeden Fall einen Tagesausflug hinmachen.
Geheimtipps für Bergen: Das Kafé Spesial in der Nähe der humanistischen Fakultät (studifreundliche Preise und diverses Angebot) und das Café Opera am Theater (verdammt leckeres Frühstück/Brunch). Dann das Grieg-Museum Troldhaugen (in den Sommermonaten kann man vorher auch für ein kleines Klavierkonzert Karten reservieren und das Grundstück ist zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter einfach wunderschön), überhaupt Besuche in dem Konzerthaus und es gibt noch viele andere spannende Museen für alle Geschmäcker. Zwischen Mai und Oktober lohnt es sich, in das Arboretum und den botanischen Garten südlich von Bergen zu besuchen, dort gibt es wunderschöne Spazier- und Wanderwege.
Meine absoluten Highlights: Eine Whalewatchingtour in den Wintermonaten in Tromsø und eine Husky-Schlittenfahrt bei den Arctic Husky Travellers in Longyearbyen. Das ist ein kleines Familienunternehmen, welches sich wirklich gut um ihre Tiere kümmert und das Paar erklärt einfach alles über ihre Tiere, die Ernährung/Gesundheit und Hintergründe, da braucht man kein schlechtes Gewissen haben! (Im Gegensatz zu anderen Veranstaltern, wo teils 200 Hunde dauerhaft in Zwingern gehalten werden und sich wirklich nicht gut gekümmert wird…)
Tusen takk für deine Zeit und die vielen Eindrücke!