Sommersemester 2019

Der große Umbruch: Die Krise der Kirche in der Ära des päpstlichen Fundamentalismus (ca. 1050 -1122)
Vorlesung

Di 14-16 Uhr
ZHG 004
Beginn: 23.04.2019

Kommentar: Was man in der Geschichtsschreibung als "Investiturstreit" oder "gregorianische Reform" bezeichnet hat, erweist sich bei näherem Hinsehen als ein ganzes Bündel von Krisen und Konflikten, die aus der Tätigkeit einer kirchlichen Reformbewegung, dem Streit um die sakralen Grundlagen weltlicher Herrschaft und ganz profanen Feindschaften erwachsen waren. In ihrem Zusammenwirken bescheren diese Begebenheiten der europäischen Geschichte einen ihrer großen Umbrüche. Die Vorlesung dient dem Zweck, die Brisanz dieser Wende aus einer uns fern gerückten Welt neu zu vermitteln.

Literatur:
Claudia Zey, Der Investiturstreit. München 2017; Gerd Tellenbach, Die westliche Kirche vom 10. bis zum frühen 12. Jahrhundert (Die Kirche in ihrer Geschichte Bd. 2 Lfg. F1). Göttingen 1988.



Eremiten, Wanderprediger und Häretiker. Die Sozialgeschichte neuer Lebensformen im langen 12. Jahrhundert
Masterseminar

Mo 16-18 Uhr
KWZ 2.601
Beginn: 29.04.2019

Kommentar: Seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert ist in Europa ein merkwürdiges soziales Phänomen festzustellen: Menschen schließen sich in verschiedensten Zusammenhängen freiwillig zu Gruppen zusammen, die nicht auf Verwandtschaft oder auf Herrschaftsverhältnisse gegründet sind, sondern lediglich auf den freien Willen der Teilnehmer. Auf diese Weise entstehen Gilden, Eremitengemeinschaften, Bruderschaften, wissenschaftliche Schulen und städtische Kommunen. Schon die Zeitgenossen kommentieren diesen Prozess, und zwar meistens kritisch, weil sie in ihm eine Bedrohung der vermeintlich gottgewollten Ordnung sehen. Das Seminar zielt auf einen Überblick über diese Gruppenformen und diskutiert die sozialgeschichtlichen Erklärungen, die bisher erarbeitet wurden.

Literatur:
Giles Constable, The Reformation of the Twelfth Century. Cambridge/New York 1996.

Gert Melville, Frommer Eifer und methodischer Betrieb. Beiträge zum mittelalterlichen Mönchtum. Hgg. v. Cristina Andenna/ Mirko Breitenstein. Köln u.a. 2014.

Frank Rexroth, Fröhliche Scholastik. Die Wissenschaftsrevolution des Mittelalters. München 2018.



Papst Gregor VII
Proseminar mit Übung

Do 13-16 Uhr
KWZ 0.610
Beginn: 25.04.2019

Kommentar: Gegenstand des sog. Investiturstreits bzw. der "Gregorianischen Reform" war eine Serie radikaler Forderungen an Kleriker und Laien, die seit der Amtszeit Papst Gregors VII. zu massiven Konflikten innerhalb der Kirche führten. An diesem Themenkomplex führt das Proseminar in das wissenschaftliche Arbeiten ein. Es will eine Vorstellung davon verschaffen, was es heißt, historische Fragestellungen zu entwickeln, und es soll einüben in die Praxis der Quellenkritik und des Umgangs mit Forschungsliteratur.

Literatur:
Rudolf Schieffer, Papst Gregor VII. Kirchenreform und Investiturstreit. München 2010.

Horst Fuhrmann, Papst Gregor VII. und das Zeitalter der Reform. Annäherungen an eine europäische Wende. Ausgewählte Aufsätze, hg. v. Martina Hartmann (MGH Schriften 72), Wiesbaden 2016.



Mittelalterforschung als Zeitdiagnostik in der Zwischenkriegszeit (1918 - 1939)
Masterseminar

Fr 14-16 Uhr
KWZ 0.601
Beginn: 26.04.2019

Kommentar: In den deutschen publizistischen Auseinandersetzungen der Weimarer Zeit und der NS-Ära wird häufig das Bild des Mittelalters beschworen - häufig in propagandistischer Absicht, häufig aber auch auf der Suche nach gesellschaftlichen Utopien. Die Rede war dann häufig von einem erhofften "neuen Mittelalter", das die Widersprüche der Moderne in sich aufheben sollte und das den Menschen einen eindeutigen Platz in einem harmonischen Gesellschaftsgefüge zuweisen sollte. Das Seminar soll diese Mittelalterimaginationen identifizieren und politisch verorten. Zu lesen sind zu diesem Zweck Texte der politischen Publizistik, aber auch fiktionale Literatur und Arbeiten der historischen Mittelalterforschung.

Literatur:
Otto Gerhard Oexle, Das Mittelalter und das Unbehagen an der Moderne. Mittelalterbeschwörungen in der Weimarer Republik und danach, in: Ders., Geschichtswissenschaft im Zeichen des Historismus. Studien zu Problemgeschichten der Moderne. Göttingen 1996, S. 137-162, 278-289.

Bastian Schlüter, Explodierende Altertümlichkeit. Imaginationen vom Mittelalter zwischen den Weltkriegen. Göttingen 2011.

Frank Rexroth, Geschichte schreiben im Zeitalter der Extreme. Die Göttinger Historiker Percy Ernst Schramm, Hermann Heimpel und Alfred Heuß, in: Die Geschichte der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Teil 1, hg. von Christian Starck/ Kurt Schönhammer. Berlin/Boston 2013, S. 265-299.



Themen und Tendenzen der Mittelalterforschung

Kolloquium
Do 18-20 Uhr
Beginn: 25.04.2019

Kommentar: Das Kolloquium steht als Forum für neue Arbeiten, Ansätze und Fragen unserer Profession zur Verfügung. Wir unterscheiden zwei verschiedene Arten von Diskussionsrunden: zum einen Vorträge von maximal 45 Minuten Dauer mit anschließender Diskussion, zum anderen Berichte aus der Werkstatt, die den Bachelor- und Masterstudierenden sowie Doktorandinnen und Doktoranden die Möglichkeit bieten, ihre Forschungsprojekte zu diskutieren.

Das Kolloquium steht allen Studierenden offen, die sich für den gegenwärtigen Fragenhorizont der internationalen Mediävistik interessieren. Es soll dabei auch als Forum für die Vorstellung eigener Arbeiten (Bachelor- und Masterarbeit, Dissertation, Habilitation) dienen. Das Programm wird in der ersten Sitzung besprochen.