Forschungsschwerpunkte der Theologischen Fakultät


1.
Traditionell liegt ein Schwerpunkt der Fakultät auf exegetischem Gebiet. Hier werden gegenwärtig allein drei Projekte im Auftrag der „Akademie der Wissenschaften zu Göttingen“ betrieben: die kritische Edition der Septuaginta (seit 1908), die Herausgabe eines Wörterbuches zu den Texten aus Qumran (1980-88 sowie seit 2002) sowie die Edition der „Scripta Antiquitatis Posterioris ad Ethicam REligionemque pertinentia / Schriften der späteren Antike zu ethischen und religiösen Fragen“ (SAPERE, seit 2009). Hinzu kommen regelmäßige Beteiligungen an DFG-Forschergruppen (z.Zt. „Natur in politischen Ordnungsentwürfen: Antike - Mittelalter - Frühe Neuzeit").
Diese und weitere Forschungen sind seit 2005 in einem interdisziplinären Forschungszentrum, dem „Centrum Orbis Orientalis et Occidentalis“ (CORO) angesiedelt, und zwar unter Beteiligung der exegetischen und historischen Disziplinen der Theologie (Altes und Neues Testament, Alte Kirche und Orientalische Kirchengeschichte) sowie der klassischen und orientalischen Altertumswissenschaften.

2.
Ebenso haben Forschungen zur Alten Kirche in Göttingen eine überaus anerkannte Tradition. In den letzten Jahren wurde hier u.a. eine neue Forschungsperspektive etabliert, nämlich die vergleichende Analyse von Bildungsprozessen und Bildungskonzeptionen in christlichen, jüdischen, islamischen und paganen Kulturen der ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung. Sie fand ihren Ort im Courant Research Center „Education and Religion from Early Imperial Roman Times to the Classical Period of Islam“ (EDRIS, 2009-2016) sowie darauf folgend im Sonderforschungsbereich „Bildung und Religion in Kulturen des Mittelmeerraums und seiner Umwelt von der Antike bis zum Mittelalter und zum Klassischen Islam“ (SFB 1136, seit 2015). In diesen Projekten kooperieren aus der Theologie die Disziplinen Patristik, Exegese und Religionspädagogik, zudem u.a. Islamwissenschaft, griechische und lateinische Philologie sowie Altertumswissenschaften.

3.
Die theologiehistorische Aufarbeitung der Reformation und der von ihr ausgehenden Veränderungsbewegungen und damit verbunden die Traditionsanalyse des evangelischen Christentums in der Neuzeit stellt einen weiteren wichtigen Forschungsschwerpunkt dar. Hier kooperieren Reformations- und neuere Kirchengeschichte und Historiker einerseits und Systematische Theologie andererseits. Exemplarisch sind zu erwähnen die „Kritische Gesamtausgabe der Schriften und Briefe Andreas Bodensteins von Karlstadt“, die Mitwirkung am Forschungsprojekt „Gelehrte Journale und Zeitungen der Aufklärung“ (seit 2011), aber auch etwa die im Folgenden angeführte Forschergruppe sowie das Promotionskolleg.

4.
Auf der Grundlage dieser theologiehistorischen Arbeiten verfolgt die Fakultät das Ziel, zu einem bundesweit führenden Forschungszentrum für die Erforschung der Transformationsprozesse des neuzeitlich-westlichen Christentums in modernen Gesellschaften zu werden. Beiträge dazu lieferten etwa die „DFG-Forschergruppe 1765: Der Protestantismus in den ethischen Debatten der Bundesrepublik 1949-1989“ (2013-2019) und das Promotionskolleg „Transformationsprozesse im neuzeitlichen Protestantismus“ (2013-2016). In diesem Themenfeld kooperieren die Professuren für Systematische und Praktische Theologie mit religionsbezogenen Fächern wie der Religionssoziologie, der Medizinethik und der Rechtswissenschaft.

5.
Seit dem 19. Jahrhundert gehört es zum unverwechselbaren Profil der Fakultät, theologische und religionswissenschaftliche Fragestellungen zu verbinden. Dabei spielen interdisziplinäre Projekte (siehe oben 1 und 2), eine wichtige Rolle. Hinzu kommt die Erforschung des Judentums, der orientalischen Kirchen sowie der (alternativ-) religiösen Gegenwartskultur. Neben den historischen Disziplinen und dem Lehrstuhl für „Ökumenische Theologie“ spielt hier die religionswissenschaftliche Professur der Fakultät eine wichtige Rolle, nicht zuletzt wegen ihrer Brückenfunktion zur religionsbezogenen Forschung anderer Fakultäten, etwa im Projekt „The Making and Unmaking of the Religious“ im Rahmen des „Forums für interdisziplinäre Religionsforschung“ (FiReF; seit 2015).

6.
Nicht zuletzt stellt die Frage nach der gegenwärtigen Gestaltgebung des Protestantismus einen wichtigen Gegenstand in Forschung und wissenschaftlicher Begleitung der Kirche dar. So ist die Fakultät vertreten im Wissenschaftlichen Beirat der „EKD-Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen“, in den Theologischen Ausschüssen von UEK und VELKD, in den Fachkommissionen der Gemischten Kommission sowie im Vorstand des Evangelisch-Theologischen Fakultätentages. Forschung wird auf diesem Gebiet durch DFG-Sachbeihilfen (etwa zur Trauung oder zur Genese der Religionspädagogik als Disziplin) gefördert, aber eben auch im Rahmen anderer Projekte.

Durch ihre Forschungs- wie Lehraktivitäten ist die Fakultät an zahlreichen geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Zentren und Verbünden der Georgia Augusta beteiligt. Zu nennen sind über die bereits erwähnten CORO, EDRIS und FiReF hinaus die Graduiertenschule für Geisteswissenschaften (GSGG), das Zentrum für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung (ZMF), das Zentrum für Medizinrecht, die Zentrale wissenschaftliche Einrichtung für Lehrer*innenbildung (ZEWIL) sowie das „Labor für geisteswissenschaftliche Didaktiken“ (Y-Lab).

Während die Forschung der Fakultät z.T. seit vielen Jahrzehnten international vernetzt ist, was etwa in der regelmäßigen Präsenz ausländischer Gastwissenschaftler*innen sowie in entsprechenden Kooperationen sichtbar wird, gewinnt die internationale, ökumenische und interkulturelle Ausrichtung der Lehre zusehends an Bedeutung: Die Beteiligung an internationalen Austauschprogrammen wie ERASMUS, Euroculture und diversen DAAD-Programmen, der Studiengang „Intercultural Theology“ und die Akzentuierung international und interkulturell vergleichender Elemente in der Lehre legen davon Zeugnis ab.


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