Volksmedizin


Hildegard von Bingen (1098-1179 n.Chr.) empfiehlt den Verzehr von Kastanien nach bestimmter Zubereitung gegen folgende Beschwerden: Kopfschmerzen, Herzschmerz und Traurigkeit, Leberschmerzen, Milzschmerzen und Magenschmerzen. Mit Wasser gekochte Blätter und Schalen der Frucht sollen als Dampfbad gegen Gicht hilfreich sein (Bingen 1993).

In der heutigen Heilkunde werden die Blätter, Blüten, Früchte und die Rinde der Edelkastanie verwendet. Die Rinde und die Blätter besitzen einen hohen Gerbstoffgehalt und können bei bestimmten Beschwerden heilsam sein. Medizinisch hat die Anwendung eine beruhigende, magenstärkende und zusammenziehende Wirkung. Die Hauptanwendungsform sind Tees aus Blätteraufgüssen (Hengel 1987). Die Tees gelten als hustenlindernd sowie krampflösend und werden bei Keuchhusten und bei Bronchitis eingesetzt (Hageneder 2014). Außerdem soll die Anwendung bei Durchfall, Rachenentzündung und Schwächezuständen helfen (Hengel 1987). Die Esskastanienfrüchte wirken aufbauend und bei Durchfall stopfend (Strassmann 2006).

Auch in der Bach'schen Blütentherapie findet die Edelkastanie Verwendung (Hengel 1987). Das Bachblütenmedikament der Edelkastanie soll nach Hageneder (2014) bei Schmerzen, Mutlosigkeit und Verzweiflung helfen.


Mythologie und Kultur


Bereits im alten Griechenland wurde die Esskastanie verehrt und Zeus geweiht. In der christlichen Symbolik sind Kastanien ein Sinnbild für Güte, Keuschheit und Triumph über die Versuchung. In Frankreich gibt es den Brauch Heiligenbilder an Edelkastanien anzubringen (Hageneder 2014). Edelkastanien wurden im alten China als Heim der Erdgötter des Westens angesehen (Hageneder 2014). Eine dort vorkommende Edelkastanienart ist z.B. Castanea mollissima (Strassmann 2006). Esskastanienbäume sind in China ein Symbol für weise Voraussicht, da die Kastanien im Herbst gesammelt werden können, um im Winter als Nahrung zu dienen. Des Öfteren sind Edelkastanien große Hausbäume von buddhistischen Tempeln (Beuchert 1996).

Esskastanien finden sich auch in der Literatur, in mündlichen Überlieferungen und in Redensarten. Es gibt die Redewendung: "Die Kastanien (für jemanden) aus dem Feuer holen" (Röhrich 2001). Die Bedeutung der Redensart ist: Jemandem zuliebe etwas Gefährliches tun bzw. sich für jemanden die Finger verbrennen (Röhrich 2001). Bekannt wurde diese Redensart durch die Fabel "Le Singe et le Chat" ("Der Affe und die Katze") von La Fontaine, die 1678-1679 erschienen ist (Insam 1994). Auch in der Kunst kommen Esskastanien vor, z.B. in niederländischen, deutschen und italienischen Gemälden aus unterschiedlichen Entstehungszeiten und Stilrichtungen. Die Esskastanien sind z.B. ein Element in Stillleben (Insam 1994).