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Presseinformation: Hat ein steigender Meeresspiegel Waldbrände verschlimmert?

Nr. 25 - 22.03.2022

Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen untersucht Entwicklung in tropischen Torfgebieten in Indonesien

 

(pug) Tropische Torfgebiete gehören zu den effizientesten Kohlenstoffsenken. Die Kehrseite ist, dass sie zu massiven Kohlenstoffemittenten werden können, wenn sie zum Beispiel durch veränderte Landnutzung, Abbau oder Brände geschädigt werden. Dies kann zu einer schnelleren Klimaerwärmung führen. Forscherinnen und Forscher unter Leitung der Universität Göttingen haben untersucht, wie sich Torfmoore in den Küstengebieten von Sumatra und Borneo in Indonesien über Jahrtausende hinweg entwickelt haben und wie Klima und Meeresspiegel ihre Dynamik beeinflusst haben. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Global Change Biology erschienen.

 

Das Team analysierte zwei Torfkerne, die jeweils über acht Meter lang waren, um mehr über die Umwelt in den vergangenen 17.000 Jahren zu erfahren. Sie untersuchten sie auf Spuren von Pollen, Sporen und Holzkohle, und führten außerdem Kohlenstoffdatierungen und biogeochemische Untersuchungen durch. Ihre Studie ergab, dass im Zeitalter des mittleren Holozäns, welches etwa 9.000 bis 4.000 Jahre her ist, wesentlich höhere Holzkohlekonzentrationen vorhanden waren. Dies deutet darauf hin, dass es zu dieser Zeit viele größere Waldbrände gab.

 

Später, vor etwa 3.000 Jahren, haben offenbar Schwankungen der Winde und der Meeresoberflächentemperaturen (bekannt als El Nino-Southern Oscillation oder ENSO) eine anhaltende Dürre verursacht. Diese hat die Wälder trocken und damit anfällig für Brände gemacht, welche durch Blitzschlag ausgelöst wurden. Doch selbst zu dieser Zeit gab es weniger Brände als im früheren mittleren Holozän, was für das Team ein Rätsel darstellt. Ein Anhaltspunkt war, dass die Forscher während der früheren Periode im mittleren Holozän einen hohen Anteil an Mangrovenpollen fanden.

 

Die Pollenkörner weisen auf das Vorhandensein von Mangrovenwäldern hin, die entlang der Küste in salzigem Wasser wachsen. Sie sind ein Indikator für den Anstieg des Meeresspiegels und die Zunahme des Salzgehalts im Ökosystem der Süßwassertorfgebiete. Salz ist schädlich für die Süßwasservegetation (im Binnenland), was wahrscheinlich zu mehr trockenen und abgestorbenen Blättern und Ästen geführt hat. Salz kann auch das Kronendach des Waldes und die Luftfeuchtigkeit verringern. Dies ist ein wichtiger Faktor, der Einfluss auf die Ausbreitung von Bränden in Moorökosystemen hat. Außerdem sind Mangrovenwälder hochwertige Brennstoffe, die lange Zeit brennen und hohe Temperaturen erreichen können. Die Zunahme trockener oder abgestorbener Bäume und die Verfügbarkeit von hochwertigem Brennholz könnten zusammen mit dem Rückgang des Kronendachs und der Luftfeuchtigkeit zu den größeren Bränden in dieser Zeit beigetragen haben.

 

„Wir waren überrascht, dass der steigende Meeresspiegel die Brände in den Küstengebieten Indonesiens möglicherweise verschlimmert hat“, sagt die Erstautorin Dr. Anggi Hapsari von der Universität Göttingen. „Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie die Wechselwirkung zwischen steigendem Meeresspiegel und trockenem Klima selbst in relativ feuersicheren Ökosystemen wie unberührten Torfgebieten zu massenhaften Waldbränden beitragen kann. Dies offenbart die potenziell verborgenen Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs, der die Klimaerwärmung verschärft.“

 

„Anders als in der Vergangenheit ist die Hauptursache für Moorbrände heute jedoch der Mensch“, fügt Hapsari hinzu. „Wenn sich das Verhalten der Menschen fortsetzt – Torfsumpfwälder großflächig zerstört werden, Torf-land entwässert und absichtlich abgebrannt wird –, könnte dies in Verbindung mit dem gegenwärtigen raschen Anstieg des Meeresspiegels und einem stärkeren künftigen ENSO zu katastrophalen, weit verbreiteten Waldbränden führen. Zudem könnte dann Kohlenstoff unkontrollierbar freigesetzt werden“, so Hapsari.

 

„Unser unerwarteter Befund stellt eine bisher unbekannte Bedrohung für das Überleben dieser wertvollen Ökosysteme dar“, sagt Mitautor Dr. Tim Jennerjahn vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen. „Die Studie zeigt, wie die Rekonstruktion vergangener Umweltveränderungen dazu beitragen kann, das heutige Management von Küstenökosystemen zu verbessern. Es ist klar, dass die Bewertung des Brandrisikos in tropischen Torfgebieten mehr Aufmerksamkeit verdient.“

 

Originalveröffentlichung: Hapsari, K. A., et al “Sea level rise and climate change acting as interactive stressors on development and dynamics of tropical peatlands in coastal Sumatra and South Borneo since the Last Glacial Maxi-mum”.Global Change Biology 2022. DOI: https://doi.org/10.1111/gcb.16131

 

 

Kontakt:

Prof. Dr. Hermann Behling

Georg-August-Universität Göttingen

Abteilung Palynologie und Klimadynamik

Untere Karspüle 2, 37073 Göttingen

Tel: 0551 39 25728

E-Mail: Hermann.Behling@bio.uni-goettingen.de

www.uni-goettingen.de/de/75161.html

 

 

Dr. K Anggi Hapsari

Georg-August-Universität Göttingen

Abteilung Palynologie und Klimadynamik

Untere Karspüle 2, 37073 Göttingen

E-Mail: kartika.hapsari@biologie.uni-goettingen.de

www.uni-goettingen.de/en/hapsari-kartika-anggi-msc/480229.html

 

 

PD Dr. Tim Jennerjahn

Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Fahrenheitstrasse 6, 28359 Bremen

Telefon: 0421 23800 44

E-Mail: tim.jennerjahn@leibniz-zmt.de

www.leibniz-zmt.de/de/tropenforschung/mitarbeiterinnen-mitarbeiter/tim-jennerjahn.html