Presseinformation: Landnutzungswandel führt zu stärkeren Überschwemmungen in Indonesien
Nr. 109 - 27.08.2020
Internationales Team unter Göttinger Leitung untersucht Auswirkungen auf lokale Wasserkreisläufe
(pug) Während hohe Treibhausgasemissionen und Biodiversitätsverlust häufig mit dem rapiden Landnutzungswandel in Indonesien in Verbindung gebracht werden, blieben Auswirkungen auf lokale Wasserkreisläufe bisher weitgehend unbeachtet. Dazu veröffentlichten Forscherinnen und Forscher der Universität Göttingen sowie der IPB University in Bogor und des BMKG in Jakarta nun eine neue Studie. Sie zeigen, dass die Ausweitung von Monokulturen wie Ölpalm- und Kautschukplantagen zu häufigeren und stärkeren Überschwemmungen führt. Diese erklären das fachübergreifende Autorenteam mit einem komplexen Zusammenspiel aus ökohydrologischen und sozialen Prozessen, zu denen Bodendegradation in Monokulturen, die Ausweitung von Ölpalmplantagen in Feuchtgebiete, aber auch der Bau von Hochwasserschutzdämmen zählen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Ecology & Society erschienen.
Für die Untersuchung analysierten die Autorinnen und Autoren zunächst knapp 100 Interviews mit indonesischen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, der Dorfbevölkerung sowie Entscheidungsträgerinnen und -trägern, welche in der Provinz Jambi in Sumatra geführt wurden. Anschließend verglichen und ergänzten sie die Interviewergebnisse mit naturwissenschaftlichen Messungen wie Niederschlägen, Fluss- und Grundwasserständen, Bodenbeschaffenheiten und Landnutzungskartierungen aus der Untersuchungsregion. „Viele Studien über den Zusammenhang zwischen Landnutzungsänderungen und Überschwemmungen basieren lediglich auf Analysen einzelner Fachdisziplinen und liefern somit nur bruchstückhafte Einblicke in die zugrundeliegenden Prozesse“, so Hauptautorin Jennifer Merten von der Universität Göttingen. „Daher war es uns wichtig, auf ein möglichst breites Datenspektrum aus verschiedenen Disziplinen zurückzugreifen und auch die Beobachtungen der lokalen Bevölkerung mit einzubeziehen.”
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des deutsch-indonesischen Sonderforschungsbereichs „Ökologische und sozioökonomische Funktionen tropischer Tieflandregenwald-Transformationssysteme“ zeigen in ihrer Studie, dass die aktuelle Ausweitung von Ölpalm- und Kautschukplantagen in erheblichem Maße die lokalen Wasserkreisläufe beeinflusst. „Der großflächige Landnutzungswandel führt zu einer Verdichtung des Bodens, sodass der Regen vom Boden langsamer aufgenommen wird und das Wasser rasch an der Oberfläche abfließt“, erklärt der Göttinger Ko-Autor Christian Stiegler. „Insbesondere die voranschreitende Zerstörung von Flussauen spielt dabei eine wichtige Rolle.“ Aus Perspektive der Dorfbevölkerung trägt zusätzlich der Bau von Hochwasserdämmen und Entwässerungsgräben zu einem veränderten Überflutungsgeschehen vor Ort bei. Da insbesondere Ölpalmplantagen immer stärker in Feuchtgebieten wie Flussauen oder Mooren angebaut werden, versuchen größere Plantagenbesitzer, Überschwemmungen auf ihren Flächen durch solche Bauten zu kontrollieren. „Solche Dämme führen aber häufig dazu, dass sich Überschwemmungen auf benachbarten kleinbäuerlichen Plantagen verstärken“, berichtet Merten von ihren Erfahrungen vor Ort. Dadurch führt die beobachtete Zunahme von Überschwemmungen auch zu neuen sozialen Spannungen und Konflikten.
Um die Auswirkungen des Landnutzungswandels auf den Wasserkreislauf zu verringern, können Bodenschutz und eine bessere Landnutzungsplanung, insbesondere in Flussauen und Feuchtgebieten, eine wichtige Rolle spielen. „Ebenso wichtig ist es auch Landschaftseingriffe für Hochwasserschutz und Entwässerung stärker zu regulieren und zu kontrollieren“, so Merten. „Sonst passiert es schnell, dass die Auswirkungen zunehmender Überflutungen vor allem die ärmsten der Gesellschaft treffen, weil größere Unternehmen das Wasser einfach weiterleiten.“
Originalveröffentlichung: Jennifer Merten et al. Flooding and land-use change in Jambi Province, Sumatra: integrating local knowledge and scientific inquiry. Ecology & Society (2020). DOI: https://doi.org/10.5751/ES-11678-250314
Kontakt:
Jennifer Merten
Georg-August-Universität Göttingen
Geographisches Institut
Abteilung Humangeographie
Goldschmidtstr. 5, 37077 Göttingen
E-Mail: Jennifer.Merten@geo.uni-goettingen.de
Dr. Christian Stiegler
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie
Abteilung Bioklimatologie
Büsgenweg 2, 37077 Göttingen
Telefon: 0551 3912115