Anna-Katharina Sievers

1. Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Ich habe Medien- und Kommunikationswissenschaften, Wirtschafts- und Sozialpsychologie und Geschlechterforschung in Göttingen studiert und 2008 meinen Abschluss gemacht. Schon während des Studiums habe ich Praktika in Medien- und PR-Agenturen absolviert und war 2007 mit dem EU-Programm Leonardo-da-Vinci im Rahmen eines weiteren Praktikums bei einem Unternehmen in Kent in der Online-PR tätig. Nach meinem Studium habe ich dann ein Volontariat im Bereich Internationale PR in einer Agentur gemacht. Von 2009 bis Ende 2010 war ich bei der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung e.V. (de’ge’pol) Referentin des Vorstands und Leiterin der Geschäftsstelle. Währenddessen habe ich eine Zusatzausbildung in Strategischer Kommunikation abgeschlossen. Weiterhin habe ich 2010 die Geschäftsstelle des Deutschen Rats für Public Relations (DRPR) geleitet. Seit Januar 2011 bin ich als Referentin Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband e.V. in Berlin tätig.


2. Wer hat Sie in Ihrem beruflichen Umfeld am stärksten unterstützt? Hatten Sie Vorbilder, die Ihren Werdegang beeinflusst haben?
Für meine Arbeit bei der de’ge’pol und bei meiner ersten Anstellung im Volontariat in internationaler PR eher nicht. Bei der de’ge’pol habe ich ein Ein-Personen-Büro besetzt und die ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglieder koordiniert. Da man nicht immer direkt mit anderen Menschen vor Ort zusammen gearbeitet hat, war das mit dem Vorbild ein wenig schwierig –vor allem, weil zwischen meinen Chefs und mir mindestens drei Hierarchieebenen lagen.


3. Wenn Sie an Ihre aktuelle Arbeit denken, können Sie positive wie auch negative Aspekte nennen?
Positiv war, dass ich sehr selbstständig arbeiten konnte, dass ich eigene Entscheidungen fällen durfte und dies sogar notwendig war. Natürlich musste ich mich bei manchen Dingen bei den Chefs rückversichern oder eine Freigabe einholen, gerade wenn es zum Beispiel um Budgetfragen ging. Im Vergleich zur Agenturarbeit gefällt mir an der Arbeit im Verband, dass man sich seine Arbeit freier einteilen kann und auch weniger harte Deadlines hat.
Nicht so schön war, dass man sich bei manchen schwierigen, fachbezogenen Problemen nicht mit einem anderen Menschen austauschen konnte. Dieses direkte arbeitsbezogene Feedback gab es dann nur zeitverzögert von den Vorgesetzten. Für manche Projekte war das schade, da man sie oft nicht im persönlichen Austausch weiterentwickeln konnte.


4. Wie stellen Sie Ihre „Work-Life Balance“ her, also die Vereinbarkeit, bzw. den Einklang von Beruf und Privatleben?
Im Moment bin ich in der Situation, dass ich mich nur selbst ausbalancieren muss und keine Kinder habe, die noch zusätzlich ihre Zeit einfordern. Zurzeit ist es ideal: ich habe Spaß an meiner Arbeit, ich kann voraussehen wann ich mehr oder weniger arbeiten muss und ich habe die Wochenenden meistens frei.
Bei vielen Kolleginnen und Kollegen in Agenturen habe ich gesehen, dass es, wenn Kinder kommen, nicht einfach ist. Es gibt zwar ArbeitgeberInnen, die dann Teilzeit anbieten, aber eigentlich muss man für den Kunden immer präsent und immer erreichbar sein. Gerade wenn man eine Leitungsposition inne hat, ist es auch oft schwierig, die Aufgaben an Mitarbeiter zu delegieren. In Unternehmen und Verbänden, wo nicht diese stetige körperliche Präsenz gefordert ist, mag es einfacher sein eine reduzierte Stundenanzahl zu arbeiten und dann die persönliche Work-Life-Balance herzustellen.


5. Was sind Ihre persönlichen Interessen, die vielleicht auch zu Ihrem Beruf geführt haben?
Ich habe schon immer gerne geschrieben und kommuniziert im weitesten Sinne. Ich hatte Deutsch-Leistungskurs und hatte mit Sprachen immer viel zu tun. Ich war außerdem schon auf dem Gymnasium im Schüleraustausch in Frankreich und bekam auch ein Stipendium vom deutschen Bundestag für die USA. Ich wusste, etwas mit Medien wird es werden, weil dort meine privaten und beruflichen Interessen liegen, aber auch meine Fähigkeiten. Politik, Medien, Schreiben – diese Themen haben sich durch meine Ausbildung gezogen.


6. Mit welchen Problemen hatten Sie während Ihres Karriereverlauf zu kämpfen?
Teilweise war es schwierig mit den sehr strengen Anforderungen in der PR-Agentur zurechtzukommen. Es war auch nicht einfach, mich aus dieser stressigen Situation heraus zu lösen und mir andere berufliche Perspektiven zu erschließen. Natürlich muss man zielstrebig sein und nicht bei jedem kleinen Problem gleich aufgeben. Genauso wichtig ist es aber, seine persönlichen Grenzen zu ziehen und den nächsten Karriereschritt zu gehen. Bei mir waren das zum Beispiel die Kündigung und der Wechsel in eine andere Stelle.


7. Welche Empfehlungen haben Sie für Absolventinnen in diesem Berufsfeld?
Es ist mit dem jetzigen Bachelor- und Mastersystem sicherlich sehr schwierig, aber man sollte immer versuchen nebenbei praktische Erfahrungen zu sammeln. ArbeitgerInnen achten darauf, ob man über den Horizont geschaut und das Berufsleben schon einmal kennen gelernt hat. Ich weiß, dass sehr viele ArbeitgeberInnen Hemmungen haben jemanden ohne Berufserfahrung einzustellen. Nach dem Studium kann es aber auch zu viele Praktika geben – ArbeitgeberInnen könnten sich ab einer bestimmten Anzahl von Praktika fragen, warum niemand die Person fest anstellen wollte.
Daher würde ich eher Praktika während des Studiums empfehlen. Gerade im Bereich Politik sind die Praktika bei den Abgeordneten des Europäischen Parlaments oder des Deutschen Bundestages oft nur vier bis acht Wochen lang. Studierende sollten versuchen, in den Semesterferien so ein Praktikum noch irgendwie unterzubringen.


8. Spielt Gleichstellungsarbeit in Ihrem Berufsfeld eine Rolle? Wie beurteilen Sie die Geschlechterverhältnisse und Ihre Rolle als Frau in Ihrem Beruf?
Auf den Webseiten vieler PR- oder Kommunikationsagenturen wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als wichtige Aufgabe genannt, die von den ArbeitgeberInnen zum Beispiel durch reduzierte Stundenzahl unterstützt wird. Von manchen KollegInnen habe ich gehört, dass KollegInnen und ChefInnen, wenn es dann soweit ist, doch nicht mehr so glücklich sind, wenn dieses Angebot in Anspruch genommen wird.
Als Projektleiterin kann es z.B. problematisch sein, wenn man anderthalb Tage die Woche nicht da ist. Innerhalb der Agentur kann die Koordination der anfallenden Aufgaben dann schwierig werden – der Kunde erwartet und bezahlt ja für die ständige Erreichbarkeit eines qualifizierten Projektleiters. Manche jüngere KollegInnen fühlen sich eventuell auch manchmal von ihrem Projektleiter allein gelassen oder mit drängenden Aufgaben überfordert.
In den Agenturen, die ich gesehen habe, sind auch durchaus Männer in Elternzeit gegangen – wenn auch nicht so viele wie Frauen. Es war für Männer erfreulicherweise aber möglich, auch mehr als zwei Monate zu pausieren.
Bezüglich des Anteils von Frauen in meiner Branche zeigen die Statistiken, dass in der reinen PR weit mehr Frauen als Männer arbeiten. In den gemischten Agenturen, die auch Public Affaires anbieten und somit breiter aufgestellt sind, gleicht sich das Verhältnis an. Die GeschäftsführerInnen sind überweigend Männer. Es gibt aber durchaus einige Frauen, die als Agenturinhaberinnen arbeiten oder auch Tandems, also Ehepaare, die eine Agentur leiten.