Exkursion nach Tel Abel-Beth-Maacha
Am Donnerstag, d. 21. Juni 2018, brachen wir in Göttingen auf: ein Dozent, fünf Theologiestudierende, eine Ägyptologin. Am Sonntag darauf kamen wir im Kibbuz Kfar Szold am Fuße der Golanhöhen an. Eine Kombination aus brillantem Zeitmanagement, Motivation und unermüdlicher Begeisterungsfähigkeit des Gruppenleiters PD Dr. Izaak de Hulster bescherte uns Zwischenstationen in Berlin, Jerusalem, Jericho, Qumran, En Boqeq am Toten Meer und En Gedi. (Falls sich jemand über die Route wundert: Immerhin waren wir vor Ablauf des 40. Jahres da!)
Die folgenden zwei Wochen begannen werktags um 04:15 Uhr, um die kühlere Tageszeit dazu zu nutzen, den Tel Abel-Beth-Maacha, eine Ruinenstätte kurz vor der libanesischen Grenze, einige Kilometer westlich von Tel Dan, mit Spitzhacken zu bearbeiten. Die dortige Grabung – ein Kooperationsprojekt der Azusa Pacific University, der Hebrew University und weiterer Forschungseinrichtungen, unter Leitung von Bob Mullins, Naama Yahalom-Mack und Nava Panitz-Cohen – versucht, unter Zuhilfenahme zahlreicher Freiwilliger den politischen und kulturellen Verhältnissen im Grenzbereich von Israel, Phönizien und Aram-Damaskus in der Eisenzeit näherzukommen. Allerdings bieten der Tel und sein Umfeld Besiedlungsspuren von der Prähistorie über die Spätbronzezeit bis in die osmanische Zeit; so kommen auch Liebhaber/innen perserzeitlicher oder mittelalterlicher Keramik auf ihre Kosten.
Neben ganz praktischer Grabungstechnik wie dem Auswählen und Vermessen eines Ausgrabungsquadrats und seiner systematischen, schichtweisen Aushebung mittels Hacke, Kelle und Bürste brachten die verantwortlichen Spezialisten den Teilnehmenden die Basisformen und -farben der örtlichen Keramik bei, die zu erkennen für die Datierung von archäologischen Befunden unerlässlich ist. So wurde Töpferware das prägende und einende Element der Ausgrabungserfahrung: sammeln, sortieren, putzen, noch einmal sortieren und gegebenenfalls entsorgen.
Abgerundet wurde die Unternehmung durch abendliche Vorträge, z.B. zu Ikonographie, Archäozoologie und dem Zusammenhang zwischen biblischen Texten und archäologischen Funden, sowie durch Exkursionen zu bekannten biblischen oder archäologischen Stätten, etwa nach Megiddo, Tel Dan, auf den Hermon und nach Nazareth.
Die ebenso kurzweiligen wie arbeitsintensiven zweieinhalb Wochen waren somit auf verschiedene Weise ein akademischer Sprung nach vorne – die Plastizität der archäologischen Geographie Israels ermöglichte einen neuen Zugang zu vielen biblischen Texten. Der Umgang mit der großen Gruppe aus Freiwilligen verschiedenster Konfessionen ließ dabei im gegenseitigen Austausch auch hermeneutische Fragen aufkommen, etwa ob Tel Abel-Beth-Maacha gar nichts mit der entsprechenden Stadt in den Samuelbüchern zu tun habe oder ob biblische Archäologie der Versuch sei, dogmatische Streitfragen mit der Spitzhacke zu klären … In jedem Fall sei die Teilnahme an dem Projekt allen wärmstens ans Herz gelegt, sobald wieder die Gelegenheit dazu besteht.
Mathis Kreitzscheck