Presseinformation: Vielfalt an Baumarten steigert Walderträge

Nr. 207/2016 - 14.10.2016


Studie mit Göttinger Forschern belegt Diversität in Wäldern als Schlüsselfaktor für Produktivität


(pug) Erstmals haben Wissenschaftler die Baumartenvielfalt und ihren Einfluss auf die Produktivität von Wäldern weltweit untersucht. Das internationale Forscherteam unter Beteiligung der Universität Göttingen hat dafür mehr als 770.000 Probeflächen aus 44 Ländern ausgewertet. Die Autoren schlussfolgern, dass ein Artenrückgang zu massiven Einschnitten bei der Produktivität der Wälder führt. Umgekehrt bieten sich durch die Anreicherung von Arten in Monokulturen Möglichkeiten, Holzzuwächse zu steigern, um den weltweit zunehmenden Bedarf zu decken. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Science erschienen.

Die Studie erfasst insgesamt 8737 Baumarten, die von Mangroven über Arten in tropischen Feuchtwäldern, Mitteleuropa, Tundren und Trockensavannen bis hin zu Arten mediterraner Wälder reichen. In Wäldern ist die weltweit größte Artenvielfalt zu finden, doch Waldrodung und -zerstörung sowie der Klimawandel setzen vielen Wäldern zu. „Obwohl der Erhalt des Baumbestandes und eine nachhaltigere Waldbewirtschaftung weltweit viel diskutiert und durch umweltpolitische Maßnahmen gefördert werden, gehen der Waldverlust und der damit verbundene Artenschwund mit schwerwiegenden Folgen für die Biodiversität und die Versorgung mit Holzprodukten weiter“, so Prof. Dr. Christian Ammer. Er ist zusammen mit seinem Mitarbeiter Dr. Peter Schall Mitautor der Studie und an der Abteilung für Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen der Universität Göttingen tätig.

„Ein Ergebnis unserer Studie ist, dass bei einem Rückgang der Baumartenvielfalt um die Hälfte der Holzertrag um 10 bis 15 Prozent zurückgeht“, ergänzt Dr. Schall. Der Beitrag verleiht daher den Bemühungen um die Erhaltung von Wäldern erheblichen Nachdruck. Für Europa bestätigen die Daten zudem die Bemühungen der Forstwirtschaft in Deutschland. Diese strebt seit etwa drei Jahrzehnten auf großen Flächen an, Reinbestände, die vorwiegend aus einer Baumart zusammengesetzt sind, in Mischbestände aus mehreren Arten umzuwandeln. „Vor dem Hintergrund der Studie spricht viel dafür, diesen Weg weiterzugehen“, so Prof. Ammer.

Die Autoren haben errechnet, was passieren würde, wenn weltweit die Arten im selben Ausmaß wie in den vergangenen Jahren zurückgingen. „Bei einer Artenverarmung von 99 Prozent würde der Ertrag um 62 bis 78 Prozent sinken, was in etwa einem Wertverlust von 160 bis rund 490 Milliarden US-Dollar pro Jahr entspricht“, so Prof. Ammer. Die Forscher weisen darauf hin, dass diese hohen Verluste das Fünffache der jährlichen weltweiten Aufwendungen zum Erhalt der Biodiversität betragen. Hinzu kommen zusätzliche Wertverluste durch Reduktion der Biodiversität, wie etwa durch eine verminderte genetische Vielfalt sowie Schutz- und Erholungsfunktionen, die noch weit über die verminderte Holzproduktion hinausgehen.

Die Ergebnisse der Studie dienen der Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (UN IPBES) und dem United Nations Convention on Biological Diversity (UNCBD) als wichtige quantitative Grundlage für den intelligenten Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern.

Originalveröffentlichung: Jingjing Liang et al. Positive Biodiversity-Productivity Relationship Predominant in Global Forests, Science 2016. Doi: 10.1126/science.aaf8957.


Kontaktadresse:
Prof. Dr. Christian Ammer
Georg-August-Universität Göttingen
Burckhardt-Institut – Abteilung für Waldbau und Waldökologie der gemäßigten Zonen
Büsgenweg 5, 37077 Göttingen, Telefon (0551) 39-33402
E-Mail: christian.ammer@forst.uni-goettingen.de
Internet: www.uni-goettingen.de/de/dekanat/74244.html